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Stark gemacht

Anfang 2019 implementierte der ElringKlinger-Konzern ein globales Effizienzsteigerungsprogramm. Das Ziel war, die Finanzkraft des Konzerns nachhaltig zu stärken. Nach drei Jahren zieht der Vorstand eine mehr als positive Bilanz: ElringKlinger ist heute effizienter aufgestellt und kann deutlich gestärkt die Transformation weiter gestalten. Lesen Sie mehr dazu im folgenden Beitrag.

Die Modellskizze mit zahlreichen Finanz- und Ertragskennzahlen und deren Abhängigkeiten untereinander sieht komplex aus – gleich einem Baum, der sich vielfach verzweigt. Und genau wie Äste eines Baumes sind die zahlreichen Einzelmaßnahmen des globalen Effizienzsteigerungsprogramms von ElringKlinger ein System mit gegenseitigen Abhängigkeiten. Ähnlich einem Stamm sorgen die Führungsebene und Mitarbeiter mit ihrer Kompetenz und ihrem Engagement für Stabilität. Was für den Baum Wind und Wetter sind, bedeuten für den Programmverlauf äußere Einflüsse wie Materialpreise, Lieferketten oder Marktentwicklungen. Dem oberflächlichen Betrachter bleiben die Wurzeln verborgen, aber sie halten die Pflanze in Position und versorgen sie mit Nährstoffen – vergleichbar mit Finanzströmen in einem Unternehmen: Zahlungsmittel bilden die finanzielle Grundlage für das operative Geschäft, das wiederum Mittel generiert, um weiteres Unternehmenswachstum zu ermöglichen.

Bevor ElringKlinger das globale Effizienzsteigerungsprogramm Anfang 2019 einführte, war bereits der erste Schritt einer Langfriststrategie abgeschlossen worden: ein weltweiter, mehrjähriger Investitionszyklus, durch den sich der Konzern für den Wandel in der Automobilindustrie vorbereitet hat. In Ungarn, an zwei US-amerikanischen Standorten, in Großbritannien und in der Türkei wurden neue Werke aufgebaut. Auch bestehende Standorte wurden mit hochmoderner Fertigungstechnik aufgerüstet. Der chinesische Standort Suzhou sowie die Werke in Mexiko und Brasilien haben ihre Kapazitäten deutlich erweitert. Heute ist ElringKlinger bereit für einen Markt, der 2018 einen Höhepunkt von rund 95 Mio. neu hergestellten Pkw und leichten Nutzfahrzeugen erreichte. Kunden in allen Fahrzeugmärkten der Welt werden von ElringKlinger aus lokaler Produktion bedient – mit technologisch führenden Produkten in hochwertiger Qualität.

„Für den nachhaltigen Unternehmenserfolg ist die Finanzkraft ein wichtiger Schlüsselfaktor.“

Thomas Jessulat, CFO der ElringKlinger AG

Damit war ElringKlinger bereit für den nächsten Schritt: ein gezieltes Effizienzsteigerungsprogramm zur nachhaltigen Erhöhung der Liquidität und Profitabilität. Finanzvorstand Thomas Jessulat forcierte dabei vor allem die Stärkung der Finanzkraft als einen wichtigen Schlüsselfaktor für den künftigen Unternehmenserfolg. Das Programm beinhaltete Maßnahmen, die allesamt in zwei Hauptäste mündeten: die Optimierung des operativen Free Cashflows1 und die Verbesserung des EBITDA2. Beides war essentiell, um die Nettofinanzverbindlichkeiten spürbar zu reduzieren.

Optimierung des operativen Free Cashflows
Der operative Free Cashflow steht wie keine andere Kennzahl für die Innenfinanzierungskraft eines Unternehmens. Er ist das Resultat aus der operativen Tätigkeit und zeigt auf, welche finanziellen Mittel das Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum durch die eigene Wertschöpfung generierte und nach Abzug der Investitionsausgaben zur freien Verfügung hat.

Noch im Geschäftsjahr 2018 verzeichnete ElringKlinger einen deutlich negativen operativen Free Cashflow. Der beschriebene Investitionszyklus war der wesentliche Grund dafür gewesen: Die Auszahlungen für Investitionen waren höher als die Einnahmen aus betrieblicher Tätigkeit. Das Effizienzsteigerungsprogramm setzte an beiden Größen so an, dass ElringKlinger schon zum Bilanzstichtag 2019 einen hohen operativen Free Cashflow von 176 Mio. EUR ausweisen konnte – gefolgt von 165 Mio. EUR im Jahr 2020 und nochmals 72 Mio. EUR in 2021. „Wichtig war für uns vor allem die nachhaltige Verbesserung unserer Prozesse und Strukturen, um einen mög-lichst langfristigen Effekt zu haben“, resümiert Thomas Jessulat heute.

Welche konkreten Maßnahmen führten zu diesem Erfolg? „Um Liquidität freizusetzen, ist es naheliegend, am Net Working Capital anzusetzen“, erläutert ein Projektbeteiligter aus dem Finanzwesen. „Wenn diese Bilanzpositionen schwanken, wirkt sich das unmittelbar auf die Finanzströme aus.“ Das Net Working Capital – im Deutschen das Nettoumlaufvermögen – beinhaltet Vorräte und Kundenforderungen, vermindert um die Lieferantenverbindlichkeiten.

Bei den Vorräten ging das Supply Chain Management nach einer klaren Methodik vor, die mit einer ABC-XYZ-Analyse begann. Ein bestimmtes Bestandsziel, gemessen am Umsatz, wurde für den Konzern gesetzt und in einem Top-Down-Ansatz bis in die kleinsten Verzweigungen – Werke und Produkte – heruntergebrochen. Es folgte eine Bottom-Up-Planung, in deren Verlauf für jeden Produktionsstandort und sein spezifisches Portfolio der optimale Bestand an Rohmaterial und Halbfabrikaten ermittelt wurde. Außerdem definierten die Teams Obergrenzen als Zielwerte für den lokalen Gesamtbestand. Bei der Umsetzung dieser Zielstruktur, die im weltweiten EDV-System gepflegt wurde, unterstützten Mitarbeiter des Supply Chain Managements ihre Kollegen rund um den Globus. Peu à peu zeigten sich die Fortschritte. „Das schweizerische Werk startete mit einer Quote beim Net Working Capital gemessen am Umsatz von 27 %. Zum Ende des Programms konnte diese Quote auf 18 % reduziert werden“, so der Projektspezialist weiter.

18 %

Das schweizerische Werk startete 2019 mit einer Quote des Net Working Capitals (Nettoumlaufvermögen) am Umsatz von 27 % in das Effizienzsteigerungsprogramm. Mit Hilfe der Maßnahmen konnte diese Quote nach drei Jahren auf 18 % gesenkt werden.

 

Für die Optimierung von Forderungsbeständen nutzte ElringKlinger einerseits zusätzliche Finanzinstrumente. Andererseits suchte der Vertrieb mit allen Kunden das Gespräch, um Zahlungsziele bei bestehenden Verträgen zu verkürzen. Bei neuen Verträgen wurden die Zahlungskonditionen entsprechend streng festgelegt. Auch der Einkauf ging mit einem geschärften Blick in Verhandlungen. Das Engagement der Einkäufer:innen und Vertriebsmitarbeiter:innen zahlte sich aus. Obwohl der Konzernumsatz 2021 auf einem vergleichbaren Niveau wie 2018 lag, konnten die Forderungsbestände auf ein niedrigeres Niveau nachhaltig reduziert und die Lieferantenverbindlichkeiten stetig erweitert werden.

Mit Blick auf die Investitionen kamen zum einen die ab 2019 niedrigeren Auszahlungen dem operativen Free Cashflow zugute. Zum anderen verbesserte ElringKlinger auch hier die Prozesse weiter: Durch die Einführung einer monatlich rollierenden Investitionsplanung konnte der disziplinierte Investitionsansatz laufend nachjustiert werden. Sie ermöglichte es, auf Rahmenbedingungen wie Neuaufträge und Marktveränderungen schneller und gezielter zu reagieren als zuvor. „Diszipliniert heißt für uns vor allem fokussiert. Sowohl neue Technologien als auch zukunftsträchtige Projekte für die Transformation im Kerngeschäft wurden keineswegs vernachlässigt“, betont Thomas Jessulat.

Verbesserung des EBITDA
Als zweiter Hauptast des Programms stützt die Ertragskraft des Unternehmens die Entfaltungsmöglichkeiten des Unternehmens, denn sie stellt eine Quelle für weitere Liquidität dar. Um die Profitabilität zu erhöhen, wurden in einem ersten Schritt vier Bereiche analysiert: Materialkosten, Arbeitsprozesse, Sachkosten und vertragliche Sachverhalte. Die Materialaufwendungen betragen bei ElringKlinger aufgrund der hohen Wertschöpfungstiefe mehr als 40 % des Umsatzes. Jede prozentuale Senkung in dieser Kostenposition wirkt sich daher spürbar positiv auf das Ergebnis aus. Sie lässt sich an zwei Stellschrauben verändern: Menge und Preis. Beide wurden im Rahmen des Programms unter die Lupe genommen. Materialgruppen wurden detaillierter auf ihre Beeinflussbarkeit hin untersucht, entsprechende Ansatzpunkte ermittelt und verfolgt. Dadurch ergaben sich zwei Dimensionen für Verbesserungsmaßnahmen: zum einen operative Prozesse und Systeme, die sich auf die Mengen auswirkten, und zum anderen die Beschaffung.

Der Einkauf richtete seine Strategie verstärkt auf den TCO-Ansatz (Total Cost of Ownership) aus. Das heißt, die Gesamtkosten eines Materials, also Stückpreis, Transport- und weitere Beschaffungsnebenkosten, wurden in die Einkaufsentscheidung einbezogen. Darüber hinaus analysierte man die Herkunft der Materialien detailliert. So konnten regionale Bezugsquellen stärker genutzt und Transportkosten reduziert werden. Auch Sondersachverhalte, die in der Vergangenheit zu zusätzlichen Sortier- und Transportkosten geführt hatten, wurden intensiv angegangen. Wo systemseitige Fehler die Ursache waren, entwickelten die Projektleiter:innen stabile Lösungen und Standards. Die unterschiedlichen Maßnahmen wirkten sich im Kleinen und Großen positiv aus. Was sich „klein“ anhört, ist aber nicht zwangsläufig klein. Beispielsweise hat sich die Ausschussquote im Dreijahreszeitraum um 0,8 % verringert. Bedenkt man, dass sie sich als Anteil der gesamten Herstellkosten errechnet, wird das Ausmaß der Verbesserung deutlich. In Summe ergab sich ein erkennbarer Effekt: Die Materialquote des Konzerns senkte sich 2020 auf 42 %, nach 46 % im Geschäftsjahr 2019. Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021 wirkten die Einspareffekte. Doch der marktseitige Gegenwind aufgrund von Preisanstiegen und Lieferengpässen wirkte überproportional, sodass sich die Quote auf 44 % erhöhte. Weitere Einsparungen konnten durch Optimierungen von Prozessen insbesondere in den Produktionsbereichen erzielt werden. Auch in den Verwaltungsbereichen verbesserte man Abläufe weiter oder gestaltete Arbeiten mit Hilfe von Softwareunterstützung effizienter. Bei den Sachkosten erarbeiteten die Verantwortlichen eine optimale Kostenstruktur. Daraus leiteten sich Zielvorgaben auf Konzern-, Werks- und Kostenartenebene ab, die laufend überprüft und bei Bedarf angepasst wurden.

Beim vierten Aktionsfeld war in erster Linie das Vertriebsteam gefordert. Preiskalkulationen – auch laufender Verträge – wurden nach einer klaren Methodik überprüft und Handlungsfelder erarbeitet. Wo sich Rahmenbedingungen insbesondere bei langlaufenden Verträgen geändert haben, wurden notwendige Anpassungen umgesetzt.

Bereichsübergreifende Arbeitsgrundlage schafft Transparenz
Um die Effizienz über alle Bereiche hinweg zu verbessern, war eine gemeinsame Arbeitsgrundlage für alle Projektbeteiligte wichtig. Die Überzeugung, dass finanzielle Kennzahlen wie EBIT, ROCE oder Cashflow, durch operative Kennzahlen gezielt beeinflusst werden können, nutzte ElringKlinger für die Entwicklung eines programmspezifischen Kennzahlensystems. Hierbei wurden alle Vice Presidents – die Führungsebene unterhalb des Vorstands – aktiv eingebunden und die operativen Prozesse in der ganzen Breite untersucht. In der Folge wurden 45 Kennzahlen definiert, unterteilt in die fünf Kategorien Finanzen, Operations, Personal, Vertrieb und Innovationen. Für jede einzelne Kennzahl übernahm ein Vice President die Verantwortung. Die Abhängigkeiten einzelner Kennzahlen innerhalb der operativen Bereiche, aber auch zwischen den operativen Fortschritten und den finanziellen Auswirkungen wurden strukturiert und transparent dargestellt. Dadurch konnten Fortschritte sicht- und messbar gemacht werden. Entscheidend für die erzielten Erfolge aber war, dass die Einzelmaßnahmen ins Tagesgeschäft eingebunden wurden.

Fazit nach drei Jahren
Ende 2021 zog das Management eine sehr positive Bilanz: Wichtige Finanzkennzahlen haben sich stark verbessert, und die Liquidität erhöhte sich in den vergangenen drei Jahren deutlich. In diesem Zeitraum generierte ElringKlinger einen operativen Free Cashflow von über 400 Mio. EUR. Dadurch konnten die Nettofinanzverbindlichkeiten3 im selben Zeitraum um 355 Mio. EUR gesenkt und damit halbiert werden: Nach 723 Mio. EUR am Bilanzstichtag 2018 reduzierten sich die Nettofinanzverbindlichkeiten bis zum Jahresende 2021 auf 369 Mio. EUR. Die Verschuldungsquote4 verbesserte sich von 3,7 auf 1,7.

„Unser strategischer Handlungsspielraum hat sich erkennbar erweitert. Damit können wir auch künftig die Transformation aktiv und entscheidend mitgestalten.“

Dr. Stefan Wolf, CEO der ElringKlinger AG

Auch die Ertragskraft stieg sukkzessive, was sich in den Ergebniskennzahlen zeigte. Bei einem Umsatz von 1,6 Mrd. EUR im Geschäftsjahr 2021 erzielte ElringKlinger ein operatives Ergebnis (EBIT) von 102 Mio. EUR. Im Verhältnis zum Umsatz bedeutet dies eine Marge von 6,3 %. 2019 lag sie noch bei 3,5 %. Selbst im coronabedingten Ausnahmejahr 2020 konnte ElringKlinger eine positive EBIT-Marge von 1,9 % verzeichnen.

Schaut man sich das Nettoumlaufvermögen (Vorräte sowie Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) an, werden die positiven Effekte noch deutlicher: Obwohl sich der Konzernumsatz 2021 nur vier Prozent unter dem Niveau von 2018 bewegte, konnte das Nettoumlaufvermögen um 30 % bzw. 170 Mio. EUR gesenkt werden. Die für die Konzernlenkung wichtige Renditekennzahl ROCE (Return on Capital Employed) verbesserte sich von 5,5 % im Jahr 2018 auf jetzt 6,4 %.

6,4%

Dank des Progarammerfolgs erhöhte sich die Rentabilitätskennzahl ROCE (Return on Capital Employed) des ElringKlinger-Konzerns von 5,5 % im Jahr 2018 auf 6,4 % im Jahr 2021.

Entsprechend zufrieden fällt das Fazit des Vorstands aus. Dr. Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG, fasst zusammen: „Der Erfolg aus dem Programm hat unseren strategischen Handlungsspielraum erkennbar erweitert. Heute ist der Konzern stark genug, um die Transformation sowohl in unseren klassischen Geschäftsbereichen als auch in den neuen Technologien aktiv mitzugestalten.“ Thomas Jessulat ergänzt: „Wir sind jederzeit in der Lage, strategische Investitionen unabhängig vorzunehmen. Damit haben wir viel erreicht, aber wir ruhen uns auf diesem Status quo natürlich nicht aus.“

Ausblick
Nach Abschluss des Effizienzsteigerungsprogramms steht für den Konzern ein neuer Abschnitt an, der auf vier Zukunftsfeldern basiert: E-Mobility-Player, Fokus auf Kennzahlensystem, Prozessexzellenz und Digitalisierung. Der Konzern wird sich in eine ambitionierte Zielstruktur hinein weiterentwickeln. Nach innen stehen Digitalisierung und Prozessexzellenz im Fokus. Nach außen werden die Märkte, ihre Entwicklungen, ihr Potenzial und die Kunden noch stärker in Betracht gezogen. „Im Vertrieb werden wir verstärkt innovative Projekte akquirieren, durch die unser klassisches Geschäft seine Expertise in der Transformation unter Beweis stellen kann“, kommentiert ein Mitarbeiter des Projektteams.

Während die Anteile von E-Mobility- und Non-Automotive-Komponenten zunehmen und sich das Portfolio mit neuen Technologien weiterentwickelt, verändert sich auch das Unternehmen. Gleich einem Baum strebt das Unternehmen nach Wachstum. Es gibt Regenerationsphasen und Erntezeiten, begleitet vom ständigen Wandel. Dr. Wolf ist überzeugt: „Die nächsten Jahre werden spannend. Wer sich auf dem Markt behaupten will, muss sich längst dafür aufgestellt haben. ElringKlinger ist mehr denn je bereit für die Zukunft!“

1 Zahlungsmittelüberschuss aus betrieblicher Tätigkeit abzüglich Auszahlungen für Investitionen
2 Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Ertragsteuern
3 Finanzverbindlichkeiten abzüglich Barmittel, auch: Nettoverschuldung
4 Nettofinanzverbindlichkeiten zu EBITDA