Pulse

Kraftstoff der Zukunft

Die großen Automobilmärkte setzen auf Wasserstoff. In China ist die Förderung der Wasserstoffindustrie bereits 2016 in den Plan bis 2030 aufgenommen worden. Auch in Europa haben die Staaten nationale Strategien verkündet, um Wasserstofftechnologien als Teil der Transformation im Energie- und Mobilitätssektor zu etablieren. Dazu werden hohe Fördermittel bereitgestellt. Ähnliche Initiativen gibt es auch in Nordamerika. ElringKlinger forscht bereits seit rund 20 Jahren erfolgreich im Bereich der Brennstoffzellentechnologie und sieht darin großes Potenzial für die Mobilität der Zukunft. Was sind die besonderen Eigenschaften von Wasserstoff? Warum eignet er sich als Energieträger?

Wasserstoff als Energieträger der Zukunft besteht nur aus Protonen und Elektronen. Bei einer PEM-Brennstoffzelle wird auf der Anodenseite der Wasserstoff in Elektronen und Protonen zerlegt, die Elektronen wandern außerhalb der Zelle über einen Verbraucher (zum Beispiel Batteriespeicher oder Elektromotor) auf die Kathodenseite, während die Protonen durch eine Polymermembran migrieren und mit dem Sauerstoff auf der Kathodenseite zu Wasser reagieren. Das entstehende Wasser, das emissionsneutral ist, wird dann flüssig oder dampfförmig aus der Kathode ausgetragen. Gerade deshalb ist Wasserstoff ein Kraftstoff der Zukunft.

Wasserstoff steht an erster Stelle. Im Pe­riodensystem der Elemente ist Wasserstoff mit dem Symbol H ganz oben links mit der Ordnungszahl 1 aufgeführt. Er ist das chemische Element mit der geringsten Atommasse und kommt unter den auf der Erde herrschenden Bedingungen nur als Molekül vor – daher rührt auch das Symbol H2.

Wasserstoff lässt sich nahezu überall auf der Welt in un­­begrenzten Mengen erzeugen. Damit erfüllt er eine Eigenschaft, die fossile Energieträger nicht aufweisen. Erdöl und Erdgas sind endlich und knapp. Die Methoden zu ihrer Gewinnung werden immer herausfordernder und aufwändiger. Allerdings ist auch die Wasserstofferzeugung energieintensiv, so dass in den Aufbau einer Wasserstoffindustrie auch eine nachhaltige Strom­­erzeugung integriert werden muss.

Aus umwelttechnischer Sicht hat Wasserstoff einen ent­scheidenden Vorteil: Er kann wie fossile Energie­träger für Anwendungen in der Mobilität oder für das Heizen genutzt werden, ohne dass Kohlendioxid emittiert wird. Langfristig kann Wasserstoff auch in der Industrie eingesetzt werden. Dadurch bietet Wasserstoff große Chancen für die Eingrenzung des Klimawandels durch Dekarbonisierung.

Insbesondere Trucks und Busse sind geeignete Anwendungs­felder für die wasser­stoffbe­triebene Brennstoffzelle.

Der Mobilitätsbedarf im weltgrößten Mobilitätsmarkt China nimmt immer weiter zu.

Die in Wasserstoff gespeicherte Energie ist wetter- und tageszeitunabhängig verfügbar und ist damit anderen umweltfreundlichen Energiegewinnungs­formen wie Wind- oder Solarkraft überlegen. Allerdings ist Wasserstoff kein Primärenergieträger im eigentlichen Sinne – man muss ihn erst unter Energieeinsatz herstellen, um ihn dann für den gewünschten Zweck zu verwenden. Dadurch heftet ihm oft der Makel an, nicht so effizient zu sein wie die direkte Verwendung von Strom. Allerdings wird dabei nicht berücksichtigt, dass Wasserstoff im Gegensatz zu Strom lagerfähig ist. Während sich Batterien mit der Zeit entladen, kann durch Wasserstoff die Energie bedarfs­gerecht und ohne Verluste direkt im Fahrzeug erzeugt werden. Daraus ergibt sich der große Vorteil, dass sowohl der Zeitpunkt als auch der Ort der Herstellung von der Verwendung entkoppelt werden können und der Transport mittels Pipelines oder in flüssiger Form geschehen kann. Das spielt gerade bei langen Strecken oder großen oder zeitlich stark wechselnden Energiebedarfen eine Rolle. Flugzeuge, Schiffe und Züge sind für Wasserstoff ebenso Einsatzmöglichkeiten wie der Transport oder die Personenbeförderung auf der Straße.

China hat bereits 2016 verkündet, die Treibhausgasintensität der chinesischen Gesellschaft bis 2030 auf 60 % zu senken. Darüber hinaus hat Staatspräsident Xi Jinping 2020 das Ziel ausgegeben, bis 2060 als Staat klimaneutral zu werden. Teil dieses Fahrplans sind Brennstoffzellenanwendungen, bei denen China wettbewerbsfähig und mit denen es unabhängig von fossilen Energieformen werden möchte. Dazu hat die Regierung ein umfangreiches Förderprogramm aufgelegt, in dem die Wertschöpfungskette für Brennstoffzellenfahrzeuge ebenso eine Rolle spielt wie der Aufbau einer Wasserstoffindustrie.

Der Staat möchte auch die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking nutzen, um seine Technologieführerschaft zu untermauern. Beispielsweise soll am Austragungsort der nordischen Wettbewerbe in Zhangjiakou die Brennstoffzellen-Busflotte von derzeit 174 auf 1.500 Fahrzeuge erweitert werden.

Nach dem ersten Schritt bei Nutzfahrzeugen plant China den Einsatz von Brennstoffzellen im Pkw-Bereich. Bereits 2025 sollen viermal so viele Pkw wie Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb unterwegs sein. Darauf be­reiten sich viele Hersteller schon seit Jahren vor. China bleibt der Markt der Zukunft.

Für den Mobilitätssektor ergeben sich daraus große Möglichkeiten. Insgesamt kann der Antrieb von Fahrzeugen vollkommen CO2-neutral dargestellt werden, wenn der Strom für die Wasserstoffherstellung aus regenerativen Quellen gewonnen wird. Insbesondere die im Tagesverlauf überschüssige Wind-, Wasser- oder Solarkraft kann genutzt werden, um Wasserstoff herzustellen. Über existierende Pipelines kann dieser dann zum Beispiel Kavernen in Norddeutschland zugeführt und dort gelagert werden.

Um den gelagerten Wasserstoff für die Mobilität in der Breite zu nutzen, kann man auf die bestehende Tankstelleninfrastruktur zurückgreifen. Untersuchungen zeigen, dass von den rund 14.000 Tankstellen in Deutschland rund 1.000 zusätzlich für Wasserstoff ausgerüstet werden müssten, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Damit ist ein dezentraler Aufbau, wie zum Beispiel für den rein batterieelektrischen Antrieb, nicht notwendig.

Nicht nur in China, sondern auch in Europa setzt man auf die Brennstoffzelle als Antriebsalternative. Zahlreiche EU-Staaten haben umfangreiche Förderprogramme auf den Weg gebracht. So stellt Deutschland für die Marktaktivierung und den Hochlauf von Wasserstofftechnologien 9 Mrd. EUR bereit und Frankreich für ein ähnliches Programm 7 Mrd. EUR. Spanien möchte ebenfalls rund 9 Mrd. EUR investieren und Italien bis zu 10 Mrd. EUR. Österreich hat 2 Mrd. EUR bewilligt.

Studien gehen für Europa davon aus, dass sich die Brennstoffzellentechnologie zunächst bei Bussen und Trucks und später auch im Pkw-Bereich durchsetzen wird. Gerade die Vorteile bei Tankzeiten und Reichweiten sowie daraus resultierend das Kosten-Nutzen-Verhältnis werden ausschlaggebend dafür sein. So rechnet man beispielsweise damit, dass 2030 jedes fünfte Taxi mit Brennstoffzellen ausgerüstet sein wird.

Mit der Nutzung der bestehenden Tankstelleninfrastruktur verändert sich die Gewohnheit der Mobilität nicht grundlegend. Wie bislang fährt man zur Tankstelle, um den Energieträger durch Betankung an Bord zu holen. Der Tankvorgang geschieht ähnlich zu bekannten fossilen Energieträgern und bedarf auch nur weniger Minuten. Im Vergleich zu rein batterieelektrischen Fahrzeugen, deren Ladevorgang an Schnellladestationen ca. 20 bis 30 Minuten in Anspruch nimmt, zeigen sich deutlich geringere Standzeiten.

Diese Standzeiten machen die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle für bestimmte Anwendungen interessant. Denn überall dort, wo Stillstand kostspielig ist, kann sich die Brennstoffzelle als effiziente Antriebstechnologie beweisen. Das gilt insbesondere für den Schwerlastverkehr, wo Betriebskosten entscheidend sind. Letztlich werden sich Fahrzeughersteller zwischen dem rein batteriebetriebenen und dem brennstoffzellenbasierten Antrieb entscheiden müssen. Denn die Herstellungsverfahren von synthetischen Kraftstoffen haben einen geringen Wirkungsgrad, sodass diese Technologien nur bestimmten Anwendungen vorbehalten sein werden. Mit Batterien alleine lässt sich der Antrieb für einen Truck nicht so kosteneffizient darstellen wie mit Hilfe einer Brennstoffzelle. Denn entweder wird die Batterie so groß dimensioniert, dass die Reichweite groß und damit der Wiederaufladebedarf und die kostspieligen Stillstandszeiten gering gehalten werden können. Dann aber wird die Nutzlast des Trucks durch das Gewicht der Batterie eingeschränkt, sodass der Spediteur wenig laden und befördern kann. Oder man wählt eine kleine Batterie, um die verfügbare Nutzlast zu maximieren. Jedoch müssen dann häufig Schnellladestationen angesteuert werden, wodurch die zeitliche Nutzung des Trucks eingeschränkt wird.

In den USA schreibt man dem Bundesstaat Kalifornien eine Pionierrolle bei Brennstoffzellenfahrzeugen zu.

Ein brennstoffzellenbetriebener Truck ist diesen Re­striktionen nicht in dem gleichen Maße ausgesetzt. Die Betankung mit Wasserstoff erfolgt – wie bislang bei fossilen Energieträgern – in einem überschaubaren Zeit­rahmen, die Nutzlast ist nicht eingeschränkt und die Reichweite vergleichsweise hoch. Brennstoffzellen sind somit die überlegene Alternative für Nutzfahrzeuge und Busse, für die eine ähnliche Argumentation gilt.

Da Brennstoffzellen gerade in diesen bestimmten Anwendungen ihre Vorteile ausspielen können, werden sie sich hier stärker durchsetzen und in we­nigen Jahren in höheren Stückzahlen produziert werden. Diese Skaleneffekte werden den Stückpreis der Brennstoffzellenstacks senken, sodass diese aus ökonomischer Sicht auch im Pkw-Bereich immer interessanter werden. Für bestimmte Anwendungen – zum Beispiel für längere Distanzen oder bestimmte Fahrzeuggrößen – ergibt dann die Brennstoffzelle durch­aus Sinn. Die Grenzen in der Koexistenz der verschiedenen Antriebsarten verschieben sich so auch beim Pkw zugunsten der Brennstoffzelle und unter­streichen, dass Wasserstoff ein Kraftstoff der Zukunft ist.

Auch in den USA wird sich eine Wasserstoffindustrie etablieren. Die wesentlichen Schritte sollen einer privatwirtschaftlichen Initiative zufolge in vier Phasen erfolgen. In den nächsten zwei Jahren werden die unmittelbaren Maßnahmen realisiert. Dazu gehören zum Beispiel die Bereitstellung von Forschungsmitteln oder die Umsetzung erster Anwendungen bei Gabelstaplern in Logistikzentren. In der zweiten Phase bis Mitte des Jahrzehnts sollen umfangreiche Tests für Industrieanwendungen vorgenommen werden. Zudem soll der Einsatz von Wasserstoff im Verkehrssektor vorbereitet werden. In der dritten Phase bis zum Ende des Jahrzehnts sollen die Anwendungsfelder diversifiziert werden. Neben dem Verkehrssektor sollen auch Züge und Flugzeuge mit Wasserstoff betrieben werden. Ab 2030 sollen dann auch industrielle Anwendungen in der Breite erschlossen werden.

Brennstoffzellenstacks wie der NM12 von ElringKlinger können eine klimaneutrale Mobilität auf der Straße ermöglichen.