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Geballte Power

In den Diskussionen zur zukünftigen Mobilität heißt es oft: entweder Batterie oder Brennstoffzelle. Oft werden Aussagen zugunsten nur einer Technologie getroffen. Diese Sichtweise greift aber zu kurz: Sinnvoll und wirtschaftlich ist es, sowohl auf die Batterie als auch auf die Brennstoffzelle zu bauen.

Die Brennstoffzelle nutzt die Vorteile des Wasserstoffs als Energieträger, an allererster Stelle die örtliche und zeitliche Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch. ElringKlinger bietet über seine Tochtergesellschaft EKPO Fuel Cell Technologies neben anspruchsvollen Komponenten leistungsfähige Stacks an – mit ihrer hohen Leistungsdichte eine geballte Power.

Inwiefern die Brennstoffzelle einen bedeutenden Beitrag zur Mobilität der Zukunft leisten wird, das erfahren Sie auf den kommenden Seiten.

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Zellen erzeugen beim Brennstoffzellenstack NM12-twin von EKPO Fuel Cell Technologies eine Leistung von 205 kW.

 

Die Transformation der Mobilität ist in vollem Gange. Eine zentrale Frage lautet: Wie und was kann der Verkehrssektor zu einer Senkung der Treibhausgasemissionen beitragen? Denn der Personen- und Güterverkehr auf der Straße ist für rund 20 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Um diese Emissionen signifikant zu reduzieren, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Vorschriften erlassen. So sollen Pkw in der EU im Jahr 2030 37,5 % weniger CO2 ausstoßen als im Bezugsjahr 2021, leichte Nutzfahrzeuge 31 % weniger. Schwere Nutzfahrzeuge von mehr als 12 t sollen ihre CO2-Emissionen bis 2025 um 15 % und bis 2030 um 30 % gegenüber dem Bezugsjahr 2019 verringern.

Mit ausschließlich verbrennungsmotorbetriebenen Fahrzeugen sind diese Zielwerte nicht zu erreichen. Vielmehr müssen zur Zielerfüllung auch alternative Antriebstechnologien eingesetzt werden. Vergleicht man die Gesamtkosten verschiedener Alternativen, weisen nach einer jüngsten Studie des VDI und des VDE Oberleitungsfahrzeuge langfristig ebenso höhere Kosten auf wie Fahrzeuge für synthetische Kraftstoffe.1 Kosteneffizienter sind demnach vollelektrische und Brennstoffzellenfahrzeuge. Beide Technologien weisen Vorteile auf und sind relevant für die Mobilität der Zukunft. Entgegen vielfacher Auffassung ergänzen sich beide Technologien. Gemeinsam können sie die Transformation am besten stemmen. Statt des „entweder – oder“ gilt folglich ein „sowohl – als auch“. Bei den Zulassungszahlen ist die Batterietechnologie im Nutzfahrzeugsegment ebenso wie im Pkw-Bereich der Brennstoffzellentechnologie noch eine Nasenlänge voraus. Während Ende 2020 bereits 435.000 leichte Nutzfahrzeuge weltweit vollelektrisch fuhren, waren 3.160 mit einem Brennstoffzellenantrieb ausgerüstet. Ein ähnliches Verhältnis ist bei Bussen festzustellen. Hintergrund ist, dass der Reifegrad der Batterietechnologie mit 85 % laut der VDI/VDE-Studie höher ist als bei der Brennstoffzellentechnologie mit 73 %.

Als Argument wird oft der Wirkungsgrad – meist nach der „Well-to-Wheel-Methode“, das heißt von der elektrisch bereitgestellten Energie bis zum Verbrauch im Fahrzeug – herangezogen. Folgt man nur dieser Perspektive, ist der elektrische Antrieb überlegen. Doch der Fokus allein auf den Wirkungsgrad greift zu kurz, Mobilität bedeutet mehr. Deswegen muss man stattdessen die Wirtschaftlichkeit in ihrer gesamten Breite betrachten und die Gesamtkosten („Total Cost of Ownership“) der Fahrzeugvarianten vergleichen.

Der Blick darauf ergibt, dass sich die Anschaffungskosten, zum Beispiel im Schwerlastverkehr, zwischen Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeug nicht wesentlich unterscheiden.2 Ausschlaggebend für eine Vorteilhaftigkeit bei hoher Streckenleistung ist, dass die variablen Kosten niedrig gehalten werden können. Die Wirtschaftlichkeitsabwägung ergibt nur unter der starken Nebenbedingung einen Sinn, dass auch die nötige Infrastruktur zum Laden oder Tanken am besten flächendeckend, zumindest aber entlang der Nutzungsstrecken verfügbar ist. Für Brennstoffzellenfahrzeuge kann das bestehende Tankstellennetz umgerüstet werden. Die Kosten belaufen sich zwar auf mehr als 1 Mio. EUR je Tankstelle. Man geht jedoch davon aus, dass rund 1.000 Tankstellen in Deutschland zur flächendeckenden Versorgung ausreichen. Derzeit gibt es für fossile Kraftstoffe deutschlandweit über 14.000 Tankstellen. Für die vollelektrischen Fahrzeuge muss das bestehende Stromnetz leistungsfähig ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen Lösungen für den innerstädtischen Raum in Ballungsgebieten gefunden werden, wo das Fahrzeug nicht in der heimischen Garage aufgeladen werden kann, sondern nachts auf der Straße steht. Für beide Alternativen sind dementsprechend hohe Investitionen in die Infrastruktur notwendig.

6,2

kW/l erreicht die EKPO-Stack-Familie im Zellblock. Mit dieser Leistungsdichte ist EKPO Fuel Cell Technologies marktführend.

 

Ferner ist bei beiden Technologien davon auszugehen, dass die Leistungsfähigkeit in Zukunft weiter verbessert wird. Gleichzeitig dürften die Anschaffungskosten je Einheit durch die industrielle Produktion sinken, was angesichts des Reifegrades eher der Brennstoffzelle zugutekommen dürfte. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Herstellkosten von Wasserstoff sinken werden. Denn die Wasserstoffindustrie ist noch nicht voll entwickelt und umfassende Pläne wie die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung werden sich erst noch entfalten.

Zur Erzeugung von Wasserstoff benötigt man Energie – Energie, die beim batterieelektrischen Fahrzeug direkt für den Antrieb verwendet werden kann, ohne den Umweg über das Speichermedium Wasserstoff zu nehmen. Allerdings muss die Stromenergie auch direkt verbraucht werden, denn ihre Speicherfähigkeit ist begrenzt. Wasserstoff hingegen hat den großen Vorteil, dass er – ist er einmal erzeugt – lagerfähig ist. Das bedeutet, dass man ihn als Energieträger, zum Beispiel in Tanks oder Kavernen, speichern kann, bis man ihn für den Verbrauch in der Mobilität benötigt. Die Zeitpunkte von Energieerzeugung und Energieverbrauch werden so voneinander entkoppelt. Zudem kann der Wasserstoff über bestehende Pipelines transportiert werden.

Insgesamt ist das ein Vorteil für den Wasserstoffantrieb. Denn Verbrauchsspitzen zu unterschiedlichen Tages-, Wochen- und Jahreszeiten können geschont und Unterauslastungen zur Wasserstofferzeugung genutzt werden. Es kommt also weder darauf an, wo und wann der Wasserstoff erzeugt wird, noch ist kritisch, wo und wann er verbraucht wird.

Bezieht man den Wasserstoff in eine energiepolitische Strategie ein, kann das Verfügbarkeitsrisiko abgefedert werden. In Deutschland beispielsweise hat die Energiewende drei, wenn nicht sogar vier Stoßrichtungen: Man hat (1) den Ausstieg aus der Kohleenergie ebenso beschlossen wie (2) den Verzicht auf Atomenergie. Gleichzeitig soll (3) die Mobilität elektrifiziert werden. Hinzu kommt, dass (4) der Energiebedarf durch Automatisierung und technologischen Fortschritt immer weiter ansteigt. Übrig bleiben erneuerbare Energien wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft, um den immensen Bedarf zu decken, solange nicht der Wasserstoff in die energiepolitischen Maßnahmen einbezogen wird.

Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die deutsche Bundesregierung den Weg vorgezeichnet:3 Wasserstoff soll als Energieträger in Deutschland etabliert werden, um die Energieversorgung umweltfreundlich, unabhängiger und sicher zu gestalten. Frankreich und viele andere Industrieländer haben ähnliche Initiativen gestartet. Die Sektorenkopplung sieht vor, Wasserstoff breit einzusetzen, um die Lücke in der Energieversorgung zu schließen und gleichzeitig die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben. Neben der Wasserstoffproduktion ist der Import sogenannten grünen Wasserstoffs ausdrücklich Bestandteil der Strategie. Erst kürzlich hat die Bundesregierung neue Terminals an Weser- und Elbmündung angekündigt, um zunächst Flüssiggas und künftig Wasserstoff einzuführen.

Die Nationale Wasserstoffstrategie greift einen weiteren Punkt auf: Die Transport- und Verteilstruktur für Wasserstoff bzw. bereits bestehende Netze sollen auf- und ausgebaut werden. Darüber hinaus beteiligt sich Deutschland mit umfangreichen Fördermitteln an Projekten, um eine europäische Wertschöpfungskette für die Wasserstoffindustrie („IPCEI Wasserstoff“) aufzubauen. Die Konzerntochter EKPO Fuel Cell Technologies ist übrigens als Teil dieses Projekts für die Entwicklung einer neuen Brennstoffzellengeneration von der Bundesregierung bereits vorausgewählt worden. Die Vorauswahl muss noch auf europäischer Ebene genehmigt werden.

Wasserstoff soll als Energieträger in Deutschland etabliert werden, um die Energieversorgung umweltfreundlich, unabhängiger und sicher zu gestalten.

Zusammenfassend sind zwei Ergebnisse festzuhalten, zu denen Gesamtkostenvergleiche von Batterie- und Brennstoffzellentechnologie führen:

(1) Hinsichtlich der einzelnen Antriebsarten sind Brennstoffzellenfahrzeuge bei bestimmten Anwendungen, wie zum Beispiel im Schwerlastverkehr, und im Hinblick auf das Jahr 2030 die günstigste Alternative.4

(2) Hinsichtlich der gesamten Energiekosten inklusive der Infrastrukturen gibt es Komplementäreffekte, wenn man sowohl auf die Batterie- als auch auf die Brennstoffzellentechnologie baut. So entsteht beispielsweise beim Laden von vielen batteriebetriebenen Lkw und Pkw gleichzeitig an einer Autobahnraststätte ein Energiebedarf, der dem einer Kleinstadt entspricht.5 Um einen solchen Bedarf abbilden zu können, wäre ein Netzausbau mit hohen Kosten erforderlich. Die Gesamtkosten für den Netzausbau sind allerdings geringer, wenn Wasserstoff komplementär eingesetzt wird und die Ladeinfrastruktur nicht auf solche Spitzenlasten ausgelegt werden muss. Für Deutschland ergibt sich daraus gemäß einer Studie des Hydrogen Council eine gesamtwirtschaftliche Investitionsersparnis von rund 36 Mrd. EUR.6

Es zeigt sich deutlich, dass die Transformation der Mobilität neue Herausforderungen bereit hält. Die Wahl der Technologie ist eine davon. Eine frühe Festlegung auf eine einzige greift zu kurz. Denn eine Kombination von Batterie und Brennstoffzelle erweist sich insgesamt als wirtschaftlicher und angesichts der Risiken neuer Technologien auch als sinnvoll. Unter dem Strich ist sowohl die Batterie als auch die Brennstoffzelle effizient, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, die CO2-Emissionen signifikant zu senken und Mobilität umweltschonend zu gestalten.

„EKPO Fuel Cell Technologies hat seinen Hauptsitz in Dettingen/Erms. Hier können anfänglich bereits bis zu 10.000 Brennstoffzellenstacks jährlich nach Automobilstandards gefertigt werden.“

Dr. Gernot Stellberger, Geschäftsführer der EKPO
Fuel Cell Technologies GmbH

Herr Dr. Stellberger, warum ist die Brennstoffzellentechnologie so wichtig für die Zukunft?

Dr. Gernot Stellberger: Die gesamte Mobilität kann nicht nur über batterieelektrische Fahrzeuge gestaltet werden. Synthetische Kraftstoffe sind ebenso wie Oberleitungsfahrzeuge im Gesamtkostenvergleich mit Batterie und Brennstoffzelle unwirtschaftlich. Die Brennstoffzelle wird zuerst überall dort den Markt erobern, wo zum Beispiel hoher Energiebedarf besteht und Stillstand während des Ladevorgangs von Batterien – unter den Aspekten der „Total Costs of Ownership“ – kostspielig ist.

Wo trifft das zu?

Stellberger: Das trifft insbesondere für den Schwerlastverkehr und den Langstreckentransport auf der Straße zu, das heißt auch für Fern- und Reisebusse. Häufiges Aufladen, wie bei vollelektrischem Antrieb auf langer Strecke notwendig, bedeutet, dass das Fahrzeug öfter steht. Und Stillstand kostet.

Bislang werden aber weitaus mehr Batteriefahrzeuge produziert und zugelassen. Die Nachfrage nach Brennstoffzellenfahrzeugen ist noch gering.

Stellberger: Das liegt daran, dass die Batterietechnologie durch die starke Förderung der letzten Jahre hinsichtlich technologischem und industriellem Reifegrad noch eine Nasenlänge voraus ist. Dieser Vorsprung wird aber egalisiert, wenn mehr Fahrzeuge mit neuen Antriebstechnologien zugelassen werden. Denn mit steigenden Stückzahlen sinkt gerade bei Brennstoffzellenantrieben der Preis pro Einheit signifikant. Und je niedriger der Stückpreis, desto attraktiver und wettbewerbsfähiger ist die Technologie.

Wir gehen davon aus, dass sich Brennstoffzellen zunächst bei Nutzfahrzeugen, Bussen und logistischen Anwendungen durchsetzen. In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts wird die Technologie dann auch mit zunehmenden Stückzahlen bei schweren SUVs und Langstrecken-Pkw, aber zum Beispiel auch im Bereich maritimer Anwendungen zu sehen sein — nicht zu vergessen, dass wir mit unserem Partner Airbus gegen Ende des Jahrzehnts auch in die „dritte Dimension“ gehen werden. Das Momentum der Brennstoffzelle ist da.

Was bedeutet das für EKPO Fuel Cell Technologies?

Stellberger: Wir werden den Umsatz mit unseren Brennstoffzellenstacks und -komponenten stetig steigern, um im Jahr 2030 einen Umsatz zwischen 700 Mio. EUR und 1 Mrd. EUR zu erzielen. Unser Vorteil ist, dass wir jetzt zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Produkte marktreif anbieten können – leistungsstarke Stacks und technologisch anspruchsvolle Komponenten, wie zum Beispiel die Bipolarplatte, gefertigt im professionellen industriellen Umfeld.

Welche Märkte wollen Sie damit bedienen?

Stellberger: Wir erfüllen mit unseren Produkten schon die Marktanforderungen vieler verschiedener Anwendungen. Dazu gehören On-Road-Nutzfahrzeuge ebenso wie der logistische Bereich. Unsere Stacks finden Sie aber auch auf dem Wasser, in Flurförderzeugen oder im Luftfahrtsektor. Und mit einer Leistungsdichte von über 6,0 kW/l untermauern wir unsere technologische Führerschaft.

Wann wird man EKPO-Stacks und -Komponenten in Serienproduktion sehen?

Stellberger: Unser erster Serienauftrag mit einem Gesamtvolumen im hohen zweistelligen Mio.-EUR-Bereich soll noch im Jahr 2022 anlaufen. Durch unsere zwanzigjährige Entwicklungsgeschichte bei ElringKlinger, einer unserer beiden Muttergesellschaften, haben wir uns viele Fertigkeiten und ein großes Know-how angeeignet. Im Ergebnis sind wir heute schon auf einem industrialisierten Niveau, das andere erst noch erreichen müssen. Wir können bereits heute bis zu 10.000 Stacks jährlich nach Automobilstandards produzieren und sind bereit, das Momentum der Brennstoffzelle im Automobilsektor, aber auch für andere sogenannte Non-Automotive-Anwendungen zu nutzen.

Herr Dr. Stellberger, vielen Dank für das Gespräch.

1 Vgl. VDI/VDE: Klimafreundliche Nutzfahrzeuge. Vergleich unterschiedlicher Technologiepfade für CO2-neutrale und -freie Antriebe, Januar 2022, www.vdi.de/ueber-uns/presse/publikationen/details/klimafreundliche-nutzfahrzeuge, abgerufen am 03.03.2022.

2 Vgl. VDI/VDE (2022).

3 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Nationale Wasserstoffstrategie, Berlin, Juni 2020, www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/die-nationale-wasserstoffstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=12, abgerufen am 03.03.2022.

4 Vgl. VDI/VDE (2022).

5 Vgl. Hydrogen Council: Roadmap towards zero emission. The complementary role of BEVs and FCEVs, September 2021, https://hydrogencouncil.com/wp-content/uploads/2021/10/Transport-Study-Full-Report-Hydrogen-Council-1.pdf, abgerufen am 03.03.2022.

6 Vgl. Hydrogen Council (2021).