Story | Supply Chain

Verantwortungsvoll handeln

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen seit dem 1. Januar 2023, menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in gesetzlich vorgeschriebener Weise zu beachten und darüber zu berichten. Im Interview mit Julian Reitenbach, Leiter Governance Assurance Services, erfahren Sie mehr über die Vorbereitungen im Jahr 2022 und die Umsetzung im Jahr 2023 bei ElringKlinger.

"Das LkSG sieht vor, Menschen­rechts- und Umweltrisiken und Menschenrechtsverletzungen zu identifizieren und diesen proaktiv zu begegnen."

Herr Reitenbach, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, was verbirgt sich denn dahinter?

Mein erster Eindruck: ein Bandwurmwort mit 37 Buchstaben. Mein erster Vorschlag galt daher auch der internen Ver­wendung des Akronyms „LkSG“. Doch bei genauerer Betrach­tung ist es ein sinnvolles Gesetz. Denn bereits während des Gesetzgebungsverfahrens stand stets die Schaffung eines „level-playing-fields“, also gleiche und faire Wettbewerbs­bedingungen für alle Marktteilnehmer, branchenunabhängig im Vordergrund. Und das ist ein absolut richtiger Ansatz. Denn letztendlich stehen hinter jedem Produkt und jeder Wert­schöpfung Menschen.

Um was genau geht es bei dem Gesetz?

Um rechtliche und gesellschaftliche Mindeststandards. Ich bin mir sicher, dass keiner von uns bewusst ein Fahrzeug fahren möchte, dessen Einzelteile unter minderwertigen Arbeits­bedingungen hergestellt wurden oder bei dessen Rohstoff­gewinnung Kinder beteiligt waren. Würden wir also mehr Datentransparenz darüber haben, wie unsere zugekauften Roh­stoffe und Komponenten hergestellt werden, so würde dies auch die Kaufentscheidung der Fahrzeughalter beeinflus­sen. Das beschreibt einfach gesagt auch die Intention des LkSG, die vorsieht, Menschenrechts- und Umweltrisiken und Menschenrechtsverletzungen zu identifizieren und diesen dann proaktiv zu begegnen.

Was verbirgt sich denn hinter dem Begriff Lieferkette in Bezug auf ElringKlinger?

Grundsätzlich umfasst das Gesetz alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte erforderlich sind – von der Rohstoffgewinnung bis zur Auslieferung an den End­kunden. Daraus leitet sich direkt ab, dass für das LkSG neben den mittelbaren und unmittelbaren Zulieferern auch unser Wirken im eigenen Geschäftsbereich relevant ist.

Wie genau sind Sie bei der Umsetzung des LkSG 2022 vorgegangen?

Im ersten Schritt haben wir ein interdisziplinäres Projektteam, bestehend aus Experten der Fachbereiche Supplier Quality Management, Purchasing, Supply Chain Management und Strategic Communications, unter der Projektverantwortung meiner Abteilung gegründet. Wir haben gemeinsam die Ausarbeitung der insgesamt sechs Sorgfaltspflichten begonnen. Dazu gehört die Durchführung einer Risikoanalyse, die Erstel­lung einer Grundsatzerklärung für Menschenrechte, die Definition von möglichen Präventions- und Abhilfemaßnahmen, die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens sowie die Erstel­lung eines Berichterstattungsprozesses.

Die Risikoanalyse wird oft als Kernstück des Gesetzes hervorgehoben – teilen Sie diese Auffassung?

Ja. In dieser Analyse identifiziert, bewertet und priorisiert ElringKlinger die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in der eigenen Geschäftstätigkeit und bei unmittel­baren Zulieferern. Die identifizierten, potenziell risikobehaf­teten Lieferanten werden anschließend hinsichtlich weiterer Kriterien gruppiert. Dabei betrachtet ElringKlinger die Schwere, Wahrscheinlichkeit und Umkehrbarkeit der Verletzung, das Einflussvermögen durch ElringKlinger sowie die Art des Verursachungsbeitrags. Im Unterschied zur bisherigen Risiko­managementbetrachtung im finanziellen Bereich findet hier ein Perspektivwechsel statt, da Menschenrechts- und Umwelt­risiken nicht aus Unternehmenssicht, sondern aus der Perspektive potenziell Betroffener bewertet werden. Diese Analyse, die fortan jährlich aktualisiert wird, bildet nun die Basis für die Erarbeitung angemessener Präventionsmaßnahmen, wie z. B. die Erstellung von Schulungsmaßnahmen sowohl für eigene Mitarbeiter:innen als auch für Lieferanten, die Berück­sichtigung von Risikofaktoren im Einkaufsprozess oder auch die Implementierung tiefergehender Kontrollprozesse im Liefe­rantenmanagement. Eine weitere wichtige Präventivmaßnahme ist zudem unsere Grundsatzerklärung zu Menschenrechten und damit einhergehenden Umweltstandards. Sie beschreibt, welche Prinzipien und Methoden uns bei der Implementierung der gesetzlichen Anforderungen und darüber hinaus leiten.

Was sehen Sie darüber hinaus als wichtig an dem neuen Gesetz an?

Sehr gut finde ich zudem, dass der Gesetzgeber den Fokus auf die Lieferantenentwicklung legt. Denn das Gesetz fordert nicht sofort die Beendigung von Geschäftsbeziehungen bei Pflichtverletzungen, sondern setzt auf die gemeinsame Ent­wicklung individueller, fristgebundener Maßnahmenkonzepte.

In diesem Zusammenhang haben wir übrigens auch unser Beschwerdeverfahren angepasst. Darüber haben Betroffene, die aufgrund unseres Handelns eine Menschenrechtsverletzung erleiden oder auf menschenrechtliche Risiken hinweisen möchten, fortan die Möglichkeit, uns diesen Sachverhalt – auch anonym – über verschiedene Meldewege anzuzeigen, und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit. So können wir sofort und angemessen reagieren.

Das klingt in Summe nach einem erheblichen Aufwand. Wird sich denn dadurch etwas zum Positiven verändern?

Eine konkrete Antwort auf Ihre Frage gilt es abzuwarten. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die Einführung des LkSG in Deutschland ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, welcher zukünftig von Regelungen auf europäischer Ebene ergänzt wird. Zumindest haben wir bereits jetzt die Aufgabe, die Anforderungen umzusetzen, und werden nicht ins kalte Wasser geworfen, wenn die EU-Regelung kommt. Spätestens dann erwarte ich positive Implikationen in Produktionsländern, die sich in besseren Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Wobei ich grundsätzlich der Auffassung bin, dass wir in der Auto­mobilzuliefererindustrie im Vergleich zu anderen Branchen bereits über einen hohen Arbeitsstandard entlang unserer Lieferkette verfügen.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

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