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Vorwort 2020

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,
sehr geehrte Damen und Herren,

das abgelaufene Geschäftsjahr war außerordentlich und herausfordernd. Denn fast das ganze Jahr über hatte die Coronavirus-Pandemie die Welt fest im Griff. Das Leben und die wirtschaftlichen Aktivitäten standen temporär still. Bis heute dauert diese Pandemie an.

Auch wir bei ElringKlinger waren betroffen und mussten im Frühjahr 2020 unsere Produktion an den ­Bedarf anpassen. Doch wir wussten, dass der Rückgang vorübergehend sein würde. Deswegen haben wir Wareneingang und Warenausgang gleichzeitig bearbeitet: Zum einen haben wir die Nachfragemengen unserer Kunden eng begleitet, um die Produktion und Auslieferung marktgerecht zu steuern. Zum anderen haben wir unseren Lieferanten die Abnahmesituation klar kommuniziert, um Unterbrechungen der Lieferkette zu vermeiden und bei der erwarteten Erholung nach Ende des Lockdowns keinen Engpässen ausge­setzt zu sein. Unsere Zentralbereiche – in erster Linie nenne ich hier Einkauf, IT, Produktion, Supply Chain Management und Vertrieb – haben hier ebenso wie unsere Geschäftsbereiche hervorragende Arbeit geleistet.

Als die Nachfrage nach Ende des Lockdowns wieder anzog, waren wir vorbereitet. In China konnte auch dank des Engagements unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort schnell wieder ein Normal­zustand erreicht werden. Ich habe es bereits auf der vergangenen Hauptversammlung erwähnt: Weil Beschäftigte aufgrund der staatlichen Reiserestriktionen nicht rechtzeitig aus den Neujahrsferien an ­ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnten, haben sich Verwaltungsangestellte vor Ort freiwillig gemeldet, um nach einer kurzen Einarbeitung vorübergehend Aufgaben in der Produktion zu übernehmen – alles mit dem Ziel, den Betrieb schnell wieder in Gang setzen und auf ein normales Niveau zurückführen zu können. Dieses Beispiel zeigt, welch hervorragende Gemeinschaft wir bei ElringKlinger weltweit pflegen. Gegenseitige Unterstützung zeigte sich übrigens auch in allen anderen Regionen weltweit, wo wir die Erholung ebenfalls nachfragegerecht abbilden konnten.

Dieses Beispiel nehme ich zum Anlass, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch im Namen meiner Vorstandskollegen sehr herzlich zu danken. Ihr täglicher Einsatz, ihre Kompetenz, ihre Flexibilität und ihre Verlässlichkeit tragen entscheidend dazu bei, dass ElringKlinger Herausforderungen wie dieses von Corona gekennzeichnete Jahr vergleichsweise gut bewältigen konnte.

Insgesamt verzeichnete ElringKlinger trotz Pandemiefolgen ein durchaus zufriedenstellendes Geschäftsjahr 2020. Der Konzernumsatz ging zwar um 14 % auf 1.480 Mio. EUR – um Währungs- und M&A-­Effekte bereinigt um 12 % – zurück, doch die globale Autoproduktion schrumpfte im Gesamtjahr sogar um 16 %. Damit haben wir besser als der Markt abgeschnitten.

Beim Ergebnis wie auch beim operativen Free Cashflow, der mit 165 Mio. EUR erneut dreistellig war, zeigt sich der Erfolg unseres konzernweiten Effizienzsteigerungsprogramms. Dieses setzen wir seit 2019 konsequent um, um die Konzernkennzahlen nachhaltig zu verbessern. Im Zuge dessen haben wir viele Prozesse neu aufgesetzt, Ineffizienzen beseitigt und Kosten reduziert. Dadurch konnten wir die Ergebnisstruktur – beispielsweise gemessen an der Bruttomarge – verbessern, auch wenn die Pandemie nicht den ganzen Erfolg sichtbar machte. Das Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag trotz Umsatzrückgang auf Vorjahresniveau, die EBIT-Marge belief sich auf 1,9 %.

Im Rahmen des Programms haben wir auch weitere Kennzahlen in den Fokus genommen: Die Vorratsbestände wurden optimiert, die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aktiv gesteuert und die Zahlungsziele bei den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ausgedehnt. Diese Maßnahmen resultierten in einem verbesserten Net Working Capital, was zum starken operativen Free Cashflow beitrug. Dadurch konnten wir die Nettofinanzverbindlichkeiten weiter zurückführen und durch die verbesserte Bilanzqualität den finanziellen Spielraum des Konzerns deutlich erhöhen.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir zudem wichtige strategische Weichen für die Zukunft gestellt. Die Partnerschaft mit Airbus zeigt, welch aussichtsreiche Technologie Brennstoffzellen grundsätzlich darstellen. Denn wenn sich die Luftfahrtindustrie mit ihren höchsten Anforderungen den Einsatz der Brennstoffzelle für eine emissionsfreie Mobilität vorstellen kann, wird die Technologie genauso die Anforderungen für Anwendungen auf der Straße, auf der Schiene oder auf dem Wasser erfüllen. Grundlage für die Partnerschaft mit Airbus ist die hohe Leistungsdichte, die den Brennstoffzellenstack von ElringKlinger auszeichnet. Airbus hat den Markt breit analysiert und sich letztlich aufgrund der überzeugenden Eigenschaften unseres Stacks für ElringKlinger als Partner entschieden. Diese Wahl ist für uns ein Antrieb, die Technologie nachhaltig weiterzuentwickeln.

Ende Oktober 2020 haben wir darüber hinaus eine strategische Allianz mit dem französischen Automobil­zulieferer Plastic Omnium geschlossen. Gemeinsam werden wir mit unserer Tochtergesellschaft EKPO Fuel Cell Technologies den Markt für Brennstoffzellenstacks und -komponenten erschließen. Dazu haben wir unsere Technologie und unsere Vermögensgegenstände in die Gesellschaft eingebracht, während Plastic Omnium mit 100 Mio. EUR die Entwicklung, Erschließung und Kapazitätsausweitung in den kommenden vier Jahren finanzieren wird. Das Gemeinschaftsunternehmen ist an unserem Stammsitz in Dettingen/Erms beheimatet.

Die Transformation vollziehen wir bei ElringKlinger aber nicht nur in der Brennstoffzellentechnologie, sondern auch in weiteren Bereichen. In der Batterietechnologie haben wir eine Montagelinie an unserem Standort in Thale installiert, durch die der Konzern künftig Batteriesysteme für die bereits gewonnenen ­Serienaufträge herstellen kann. Im Bereich der elektrischen Antriebseinheiten haben wir alle Vorbereitungen dafür getroffen, dass die Serienfertigung am britischen Standort im laufenden Geschäftsjahr aufgenommen werden kann. Wir werden im Geschäftsbereich E-Mobility demzufolge stark wachsende Umsatz- und im weiteren Verlauf auch Ergebnisbeiträge sehen. Und auch im Leichtbau können wir eine weiter wachsende Nachfrage nach unseren innovativen Produktlösungen verzeichnen.

Auch wenn wir uns in der Entwicklung neuer Produkte und Erschließung des Wachstumspotenzials auf die neuen Technologien und den Leichtbau fokussieren, sind unsere klassischen Geschäftsfelder nach wie vor von hoher Bedeutung. Mit dem Bereich „Metal Sealing Systems & Drivetrain Components“ haben wir einen neuen Geschäftsbereich gegründet, der die bisherigen Bereiche „Zylinderkopfdichtungen“ und „Spezialdichtungen“ in sich vereint, gleichzeitig aber auch vollkommen neu auf die alternativen Antriebstechnologien ausgerichtet ist. Denn es ist klar, dass wir unsere starke Marktstellung bei den klassischen Produkten nicht hergeben. Sie sind nicht nur die Wurzel, sondern auch die Basis für den Erfolg von ElringKlinger. Nur weil wir in diesen Bereichen über die vergangenen Jahrzehnte eine große Expertise und hohes technologisches Know-how erwerben konnten, verfügen wir über das Material-, Produkt- und ­Prozesswissen, um innovative Produkte für die alternativen Technologien zu entwickeln. Wir gestalten die Transformation von ElringKlinger also auch aus den klassischen Bereichen heraus.

Sowohl das erfolgreiche Effizienzsteigerungsprogramm als auch die wichtigen Meilensteine in der Brennstoffzellentechnologie haben dazu beigetragen, dass der Kapitalmarkt unseren Konzern höher bewertet. Der Kurs der ElringKlinger-Aktie stieg im Verlauf des Jahres 2020 gegenüber dem Jahrestiefpunkt im Frühjahr um mehr als 350 %. Diese erfreuliche Entwicklung bestätigt uns in unserem Weg und zeigt, dass ElringKlinger für die Zukunft sehr gut aufgestellt ist. In diesem Zusammenhang danke ich auch Ihnen, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, für Ihr Vertrauen, das Sie dem Konzern entgegenbringen.

Die Erholung nach der Pandemie bietet ebenso wie die Transformation der Mobilität große Chancen, die wir bei ElringKlinger in allen Bereichen ergreifen werden. Ich lade Sie herzlich dazu ein, sich von den Wachstumspotenzialen des Konzerns zu überzeugen, und wünsche Ihnen bei der Durchsicht des Geschäftsberichts viel Freude.

Dettingen/Erms, im März 2021

Dr. Stefan Wolf
Vorsitzender des Vorstands