Ganz
automatisch
Der Weltmarkt für Automatikgetriebe wächst. Durch die Akquisition des US-Familienunternehmens M&W im Jahr 2015 baut ElringKlinger seinen Marktanteil bei Getriebesteuerplatten deutlich aus. Voraussetzung für den weiteren Expansionskurs in diesem Wachstumsfeld ist nicht nur komplementäre Technik sondern vor allem ein muster-gültiger Integrationsprozess.
Neun von zehn US-Amerikanern tun es: Sie lassen schalten. Und auch in Europa sowie in China ist ein wachsender Anteil der Neuwagen mit automatisier-ten Getrieben ausgestattet. Daran, dass die Automatik stets den richtigen Gang wählt, hat der Zulieferer ElringKlinger einen wichtigen Anteil – ebenso wie an der verbesserten Kraftstoffeffizienz und einem ruckelfreien Umschaltvorgang. Denn in Wandlerautomaten und Doppelkupplungsgetrieben sorgt ein filigranes Netz aus Ölkanälen dafür, dass die Schaltelemente ohne Zutun des Fahrers hydraulisch betätigt werden. In stufenlosen Getrieben – sogenannten CVTs (die Abkürzung steht für „Continuously variable transmission“) – wird das Übersetzungsverhältnis ebenfalls per Öldruck eingestellt. ElringKlinger entwickelt und produziert jene Steuerplatten, die innerhalb der Hydraulikeinheit die Öl-Steuerkanäle gegeneinander abdichten und dafür sorgen, dass die Ölströme während des Schaltens effizient an ihr Ziel gelangen. „Es handelt sich um Präzisionskomponenten“, erläutert Reiner Drews, Leiter des Geschäftsbereichs Spezialdichtungen bei ElringKlinger. „Denn einerseits müssen Ölbohrungen von wenigen Zehntelmillimeter Durchmesser in die Stahl- oder Aluminiumplatten mit hoher Genauigkeit eingebracht werden, andererseits hat die Steuerplatte auch eine Dichtungsfunktion.“ Käme es zu Leckagen, würden der Öldruck und damit die Effizienz des gesamten Getriebes sinken.
Im Februar 2015 übernahm ElringKlinger das auf Getriebesteuerplatten spezialisierte Familienunternehmen M&W Manufacturing in Michigan und avancierte so zum führenden Anbieter in Nordamerika. „Je nach Weltregion und Getriebebauart haben unsere Kunden unterschiedliche technische Präferenzen“, erklärt Drews. In den USA kommen hauptsächlich Wandlerautomaten mit relativ niedrigen hydraulischen Drücken von maximal 30 bar zum Einsatz. Die Stahl-Steuerplatten für solche Getriebe werden mit Faserwerkstoffen beschichtet, um die Dichtwirkung sicherzustellen. „M&W beherrscht diese für den nordamerikanischen Markt sehr wichtige Technologie perfekt“, sagt Drews. Mit permanenter Tüftelei hatten sie den Prozess für die Herstellung der Steuerplatten weitgehend automatisiert und so in den letzten Jahren immer größere Marktanteile gewonnen.
„Das neue Werk in Detroit-Southfield wird zu einem der modernsten ElringKlinger-Standorte weltweit gehören.“
Bob Misch ist einer der drei M&W-Alteigentümer – heute ist er Key Account Manager für das Getriebegeschäft in Nordamerika bei ElringKlinger in den USA. Bereits als Schuljunge arbeitete er in dem Betrieb mit, den sein Großvater gegründet hatte. „Wir alle haben schon früh in der Firma mitgearbeitet, Bäder gereinigt, Büroarbeiten übernommen und gelernt, was es heißt, sein eigenes Geschäft zu leiten. Als wir älter wurden, nahm die Verantwortung in der Produktion, Werkzeugtechnologie und Entwicklung zu, ebenso wie die Ansprüche unseres Vaters. Das war entscheidend für unseren späteren Erfolg.“ Es waren vor allem familiäre Gründe, die seine Brüder und ihn schließlich zum Verkauf des Unternehmens veranlassten. „Wir hatten bei ElringKlinger von Anfang an das Gefühl, dass sie ehrlich mit uns umgehen.“ Das habe sich dann nicht nur im Rahmen des Verkaufsprozesses, sondern bis heute bewahrheitet. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein Familienunternehmer Monate nach dem Verkauf so etwas sagt, zumal viele Veränderungen anstanden wie beispielsweise die Umstellung auf neue Buchhaltungssysteme und Computerprogramme.
Die größte Veränderung steht aber noch bevor: Im Lauf des Jahres 2016 werden die bisherigen zwei Standorte in Warren und Roseville ein paar Meilen weiter in einer ganz neuen Fabrik zusammengeführt. Misch hofft darauf, dass alle der rund 100 Mitarbeiter mit umziehen. Der Umzug wird für Management und Beschäftigte eine große Herausforderung, denn er findet mehr oder weniger bei laufendem Produktionsbetrieb statt. Die Mühe lohnt sich: „Das neue Werk in Detroit-Southfield wird zu einem der modernsten ElringKlinger-Standorte weltweit gehören“, verspricht Drews. Neben den faserbeschichteten Steuerplatten soll dort Ende 2016 auch eine zweite Technologie an den Start gehen: Künftig fertigt ElringKlinger in den USA auch Aluminium-Steuerplatten, die im Siebdruckverfahren mit einer hauchdünnen Elastomer-Dichtspur versehen werden. Diese Platten widerstehen weitaus höheren Öldrücken von bis zu 70 bar. Eingesetzt werden sie beispielsweise schon in den Acht- und Neungang-Wandlerautomaten eines führenden Automatikgetriebeherstellers, für den ElringKlinger seit Jahren der bevorzugte Lieferant ist.
Gemeinsam nehmen Drews und Misch auch den chinesischen Markt ins Visier. Zwar produziert ElringKlinger dort heute bereits Steuerplatten für Doppelkupplungsgetriebe, die aufgrund der hohen Drücke von bis zu 90 bar mit elastomerbeschichteten Metalldichtungen versehen sind. Aber auch faserbeschichtete Platten sind dort zunehmend gefragt – vor allem von den chinesischen Produktionswerken der US-Automobilhersteller. Bis Ende 2016 soll die aus den USA stammende Technologie im Werk Changchun lokalisiert sein. „Dieses Wachstumstempo ist nur möglich, weil die Integration mit Unterstützung der Alteigentümer reibungslos funktioniert“, resümiert Drews. Die Voraussetzung dafür? Drews und Misch antworten unisono mit: Vertrauen.